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The Dart Side of Life - Die Adrian Geiler Kolumne #3

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Niko Springer sorgt mit seinem Sensationssieg in Budapest für Furore, während Martin Schindler als erster Deutscher die Top16 der Welt erreicht – zwei Meilensteine, die dem deutschen Darts-Boom neue Dynamik geben.


Hallo liebe Dartsfreunde, 

was für ein wilder Darts-September. An fast jedem Tag war Action. Es gab WM-Qualifier links und rechts, alte Titelträger (Michael van Gerwen, Joe Cullen, Gerwyn Price, Stephen Bunting), Martin Schindler wird Deutschlands erster Top16-Spieler - und auch einen neuen Star am deutschen Dartshimmel. Oder ist er überhaupt ein Star? 

Niko Springer hat die Dartswelt mit seinem Titel auf der EuropeanTour in Budapest geschockt. Der Meenzer Bub legt einen der besten Championship-Runs aller Zeiten hin. Die durchschnittliche Weltranglistenposition seiner Gegner (Gian van Veen, Damon Heta, Rob Cross, Luke Humphries, Josh Rock, Danny Noppert) lag etwas über 10! Eine außergewöhnliche Leistung eines außergewöhnlichen Spielers. 

Dieser Triumph öffnet Niko viele Türen: World Grand Prix, Grand Slam, World Matchplay 2026. Wahrscheinlich muss der Junge nicht mal mehr Qualifier spielen und ist jetzt auf der anderen Seite der ProTour-Qualifikanten. Die Karriere kann jetzt richtig abheben. 

Und trotzdem entbrannte auf meinem Discord-Server eine Diskussion. Und Achtung: Jetzt wird es auch ein bisschen wissenschaftlich. Ab in die Darts-Uni! 

Darts boomt, das wissen wir alle. Die Preisgelder explodieren. Die Anmeldezahlen in den Vereinen und Verbänden schießen durch die Decke. Ich habe das selbst gesehen: Für BULL’S war ich Mitte September bei der Eröffnung des Dartorts in Münster. Das ist eine Art Bowlinghalle für Darts. In einem cozy, modernen Ambiente können sich Dartsinteressierte Boards stundenweise mieten. Der Andrang war erfreulich groß und das Feedback einstimming: Genau das hat gefehlt. 

Dartsbars wie der Dartort sind die Zukunft: Darts muss accessible sein. Es muss einfach sein, diesen Sport auszuüben. Es muss niedrigschwellige Kontaktpunkte geben, um Interesse zu wecken. 

Das ist das eine. Und das funktioniert in Deutschland immer besser. Aber natürlich gehört mehr dazu als Infrastruktur. Sonst wären wir ja vielleicht eine Bowling-Nation. Nein, es braucht: Stars! Im Gegensatz zu anderen Sportarten boomt Darts in Deutschland, obwohl es keinen absoluten Superstar auf Weltklasse-Niveau gibt. Bislang lebt Darts auch von den Dominanzen der Anderen: Eines Phil Taylor früher und Luke Littler heutzutage. Und zumindest letzter fühlt sich eher unwohl in Deutschland. 

Auf dem Discord-Server gab es eine einhellige Meinung: Darts + Superstar aus Deutschland = der nächste Boom. Auch ich vertrete diese Meinung und ziehe einen Vergleich zu Boris Becker, Steffi Graf und den Tennis-Boom der 80er, 90er Jahre. Doch ein Wissenschaftler hielt dagegen. Seine These: Bis Darts in der Mitte der Gesellschaft ankommt, dauert es noch ein bisschen. Denn zum „Star“ sein gehört mehr dazu, als nur Können. 

Der Wissenschaftler zitiert seine eigene (!) wissenschaftlichen Arbeit zum Thema Startum und schreibt in Bezug auf Carsten Möller, Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft an Deutschen Sporthochschule Köln: „Möller, 2015: Prominenz allein reicht jedoch nicht aus [um ein Star zu sein], sondern muss durch ein gewisses Maß an Beliebtheit, Bewunderung oder Verehrung gekennzeichnet sein, um den Ansprüchen an einen Star gerecht zu werden.“ Soll heißen: Alleine Weltklasse sein, wird Dartsspielern in Deutschland nicht reichen, um Star zu sein und einen Boom auslösen zu können. Insbesondere die Bewunderung für Darts sei in der Gesellschaft noch nicht groß genug. Der Sport „mit den bierbäuchigen, pfeilewerfenden Männern“ sei halt nicht sexy. 

Das ist, finde ich, ein fairer und valider Punkt. Dieses Vorurteil herrscht. Nur sehen wir gerade, dass das Luke Littler auch nicht aufhält, die Sportwelt (!) zu erobern. Als erster Dartsspieler war er Zweiter bei der Wahl zu Großbritanniens Sportpersönlichkeit es Jahres. Dort wird Darts noch populärer und „gesellschaftsmittig“ als es eh schon ist. 

Wie kann das also in Deutschland funktionieren? Meine These: Nicht nur, aber vor allem mit Luke Littler. Denn wie bei anderen großen Sportpersönlichkeiten (Steffi Graf, Boris Becker, Michael Schumacher) sind es auch die Gegenspieler:innen, die zu Stars werden (Monica Seles, Stefan Edberg, Mika Häkkinen). Sport lebt von Rivalitäten. Darts als 1v1-Sport noch viel mehr. Die Antagonist:innen der Besten erfahren immer im Sog der Superstars einen Popularitätsaufschwung. Das kann der Weg sein für die deutschen Dartsspieler. 

Dass das funktionieren kann, haben wir bereits gesehen. Als im Hochsommer, der absolut untypischen Zeit des Darts, zwei deutsche Dartsspieler zwei englische Superstars gestürzt haben. Der Sieg von Martin Schindler und Ricardo Pietreczko über die Lukes, Humphries und Littler, war eine gigantische, weltweite Sportgeschichte. Plötzlich war eine für diese Zeit ungewohnte Aufmerksamkeit auf Darts. 

Womit wir wieder bei Niko Springer wären. Nein, der Meenzer Bub ist trotz seines Titels kein Star. Noch nicht. Aber seine Qualitäten bieten eine Grundlage dafür. 

Abschließend noch Glückwünsche an Martin Schindler. Seit dem EuropeanTour-Turnier in der Schweiz darf sich Martin „Deutschlands erster Top16-Spieler“ nennen. Auch wenn wir uns darauf jetzt schon ein bisschen länger darauf vorbereiten konnten, ist das ein fettes Ding. „The Wall“ hat hart gearbeitet und viel geopfert in den letzten Jahren (u.a. seinen dritten Hochzeitstag, da war er in Milton Keynes bei einem PC). Dieses Achievement ist ein Darts-Meilenstein. Dass Martin es im Siegerinterview am Samstag auch direkt erwähnt hat, ohne dass er darauf angesprochen wurde, spricht Bände. Das ist hochverdient! 

Game on! 

Euer Adrian